Was für ein Jahr.
Wenn man so darüber nachdenkt, ist doch eine Menge passiert. Mein Sohn ist auf die Oberschule gewechselt, meine Tochter hat ihre große Liebe gefunden, und ich habe weiterhin einen großartigen Mann, der mich in meinem Tun und Handeln immer unterstützt und mich so liebt, wie ich bin und wie ich war.
Ich kann mir nur sehr schwer Bilder aus früheren Zeiten von mir angucken. Die Person, die sich mir darauf zeigt, kann ich einfach nicht mit mir identifizieren. Es geht einfach nicht. Zum Teil verabscheue ich diese dicke Person sogar. Wie konnte ich zulassen, dass ich so geworden war? Natürlich bin ich froh und dankbar, dass es die Möglichkeit gibt, das zu korrigieren.
Und immer noch habe ich das Gefühl, dass ich es nicht richtig verdient habe, hier zu sitzen mit einem viel gesünderen Ich als noch vor fast zwei Jahren war.
Es war nicht immer leicht, und die Entscheidung zu solch einer Operation ist mir nicht leichtgefallen. Oft hört man, dass man bei der Abnahme Geduld haben soll, denn schließlich sei man ja auch nicht über Nacht dick geworden.
Das sind Worte, die einem zu den Ohren heraus hängen und fürchterlich stressen – zumindest mich.
Wenn man einen Magen hat, in den womöglich zwei Liter Nahrung hineinpasst, der mit 150 ml klare Brühe, kein Sättigungsgefühl erfährt, wie soll man da Geduld aufbringen, wenn einem ständig signalisiert wird, dass man noch Hunger hat?
Das geht nicht.
Ein Magen, der ein Fassungsvolumen von maximal 20 ml hat, sagt einem, dann aber doch recht schnell, dass es genug und ausreichend ist.
Da spielt Geduld dann auch gar keine Rolle mehr. Das Sättigungssignal kommt recht schnell und wenn man darauf hört und das beachtet, dann ist der ganze Prozess von Erfolg gekrönt.
Es gibt eine Fernsehsendung, in der sehr stark übergewichtige Amerikaner abnehmen wollen und sich Hilfe bei einem Arzt suchen. Dieser nimmt seine Patienten im Programm auf, stellt aber Bedingungen, bevor er eine magenverkleinernde Operation durchführt. So müssen diese Menschen innerhalb von einem gewissen Zeitraum, eine gewisse Kilozahl abgenommen haben, bevor der Arzt überhaupt darüber nachdenkt, eine Operation durchzuführen.
Das ist bei uns in Deutschland etwas anders. (Antragsverfahren)
Wer hier einen bestimmten BMI erreicht hat, wird sofort operiert. Da müssen die ganzen Vorgaben zur Genehmigung eines Antrags nicht eingehalten werden.
Die Patienten in dieser US-Doku haben alle durchweg einen BMI ab 90 und viel mehr.
Bevor diese aber nun operiert werden, müssen Sie eine Diät durchführen, die einen maximalen Kalorienverbrauch von 1.200 beinhaltet. So können und sollen sie 20 bis 40 kg innerhalb von ein bis zwei Monaten abnehmen. Dazu sollen sie Sport treiben, zumindest aber sich so viel wie möglich bewegen.
Oft passiert es Ihnen, dass sie die Vorgaben nicht einhalten. Um dann Besserung zu loben, verzichten Sie dann auf Mahlzeiten. Mit dieser Methode, wie dort verfahren wird, bin ich nicht einverstanden.
Was ich allerdings gut finde, ist, dass dort in der Vorbereitung zu der Operation meist auch eine Betreuung durch einen Psychologen stattfindet.
Ich finde, dass das hier in Deutschland fehlt. Vielleicht liegt es auch an der Großstadt, das mag sein. Es ist mir in den letzten knapp zwei Jahren nicht gelungen, einen Platz bei der Psychotherapie zu bekommen.
Ich weiß nicht, ob das ein deutschlandweites Problem ist, in Berlin ist es eins.
Solch eine Therapie ist bestimmt ein guter Begleiter in dem ganzen Verfahren.
Mit der Operation lässt sich nämlich die mentale Einstellung nicht korrigieren. Irgendwann fängt der Kopf wieder an zu denken und übernimmt die Oberhand mit seinen Gewohnheiten. Da muss man wirklich sehr aufpassen. Da hätte ich mir schon etwas Unterstützung gewünscht.
Ansonsten fällt mir immer mal wieder hier und da auf, was nun alles besser, möglich und machbar ist. Sei es eine Aktivität, wie z.B. essen gehen im Restaurant und nicht erst die Stühle wegschieben, um sich setzen zu können oder sei es aus purer Freude mal eine Klamotte anzuprobieren.
Es ist wundervoll, wenn einem die Ärzte sagen, dass man gesund ist, frei von den Begleiterscheinungen, die das Übergewicht so mit sich bringen.
Ja, es gibt Menschen, die haben einen so starken Willen und schaffen es, mit Disziplin, Durchhaltevermögen und Geduld, sich einen schlanken und gesunden Körper zu erarbeiten. Ich bewundere sie dafür. Es gibt aber auch Menschen wie mich, die schon so viele Diäten, Programme etc. durch- und mitgemacht haben und es einfach nicht geschafft haben.
Vielleicht ist das Abnehmen auf meine Weise etwas leichter gegangen, die Arbeit liegt jetzt aber darin, das Erreichte nicht wieder kaputt zu machen. Auch das erfordert Disziplin und hier und da auch harte Arbeit. So leicht ist das alles gar nicht.
Ich bin jedenfalls sehr dankbar, dass mir die Möglichkeit gegeben wurde, ein für mich besseres Leben leben zu können. Ich hoffe, dass ich es nicht kaputt machen werde. Ich erfreue mich jeden Tag an mir selbst, wenn ich in den Spiegel schaue. Momentan ist sogar der Wunsch nach einer WHO-OP verschwunden, weil ich mich so gut finde, wie ich bin. Ich mag fast alles an mir und kann mich so akzeptieren, wie ich bin. Glaubt mir, das war eine sehr lange Zeit nicht so.
Ich freue mich auf das, was noch kommt, was man für mich noch so bereithält.
Hoffen tue ich auf das Beste und da, wo ich nachhelfen kann, tue ich es dann auch.
Ich wünsche Euch einen guten Start in das neue Jahr. Mach das bestmögliche daraus und tut das, was Euch gut tut.
