Blaue Flecke

Ich habe einen Hund, einen großen Hund. Einen Labradoodle gibt es in verschiedenen Größen, wir haben die Megaversion abbekommen. Ich liebe es! Ich liebe diesen Hund. Er hat ein so liebes Gesicht, so tolle Augen, er ist so lieb und gutmütig, verschmust und kuschelig.
Er kann aber auch toben und verrückt sein. 

Manchmal, nachdem ich ihn fast kahl gestreichelt und gekuschelt habe, sitzt mir dann der Schalk im Nacken und ich fange an, den Hund etwas zu necken und zu ärgern. Er macht dann meist auch sofort mit und wir schaukeln uns gegenseitig hoch, bis es irgendwann in einer wüsten Schlägerei zwischen uns endet.
Das sieht dann so aus, dass er mich anfällt und mir in die Unterarme beißt. Aber niemals so doll, dass er mir wirklich ernsthaft Schaden zufügt oder mich verletzt. Auch wenn ich es beenden möchte, kann ich das jederzeit tun. Es macht uns beiden richtig Spaß, mal durchzudrehen und uns einen Kampf zu liefern. Meine Familie sieht dann auch gern zu, wie Hund und Frauchen sich gegenseitig anstacheln und was für ein Knäuel wir beide bilden.

Allerdings ist mir aufgefallen, dass ich seit der Magenoperation sehr viel schneller dazu neige, Blaue Flecken zu bekommen.
Nach solch einer Session sind meine Unterarme grün und blau und sehr empfindlich.
Der Hund beißt mich nicht immer, bzw. ist mein Unterarm nicht immer zwischen seinen Zähnen, manchmal stoßen wir auch einfach nur aneinander und schon habe ich einen Blauen Fleck. 

Vor der Operation habe ich da viel mehr ausgehalten. Da hat mir das alles nicht so viel ausgemacht. Einmal war ich mit dem Hund spazieren und wir haben ein wenig herumgealbert. Dabei ist es passiert, dass ich mit meinem Handrücken gegen seinen Eckzahn gestoßen bin. Ja, das tat in dem Augenblick weh, ging dann aber auch recht schnell wieder. Als ich einige Minuten später wieder zu Hause war, mir meine Hände wusch, verspürte ich plötzlich wieder einen Schmerz. Auf meinem Handrücken hatte sich eine riesige blaue Beule gebildet. Ich habe mir sofort Heparinsalbe drauf geschmiert und gekühlt, gekühlt und gekühlt.

Es ist schon sehr erstaunlich, wie sich das verändert hat. Ein bisschen erschreckend vielleicht. 

Wer glaubt, dass ich die Tobereien mit meinem Hund deswegen sein lasse, hat sich geirrt. Vielleicht mache ich sie nicht unbedingt vor einem gesellschaftlichen Event, bei dem die Unterarme in den schönsten und buntesten Farben erstrahlen, aber nehmen lasse ich mir diese tollen Momente, die mir auch sehr viel Spaß machen, nicht.
Auch hat mein Hund sehr viel Spaß daran und er macht das alles ja nicht mit Absicht oder Böswilligkeit. 

Gerade schaut er mich mit seinen lieben braunen Augen an und ich schmelze dahin.
Es ist Zeit für eine Kuschelrunde.

Große Herausforderung, das Gewicht zu halten

Ein leidiges und wiederkehrendes Thema. Was heißt wiederkehrend … es besteht irgendwie dauerhaft. Mit der Magen-Operation dachte ich, oder erhoffte ich mir, dass die Gedanken, die ständig um Essen, Gewicht, Kalorien etc. kreisen, weg sind.
Nein!
Sind sie nicht!
Ob sie schlimmer sind? Vielleicht?!
An sich sind die Gedankengänge eventuell gleichgeblieben, aber es sind definitiv neue Gedanken dazu gekommen. Gedanken, wie „Versau es dir doch nicht!“ „Streng Dich an!“ „Mach das richtig!“

Nachdem ich eine Phase hatte, in der ich merklich mehr gegessen habe und ich am Ende der Woche, an meinem Wiegetag, mehr als zwei Kilo zugenommen hatte, habe ich mich geschämt und war mehr als von mir selbst enttäuscht.
Ich habe mich vor dem Spiegel gestellt und mich ausgeschimpft. Ich war wirklich richtig böse mit mir und konnte mich selbst nicht ausstehen. Im Konflikt mit einer anderen Person wäre ich gegangen, hätte sie stehen lassen und hätte einige Zeit nicht mit ihr geredet.
Schlecht, wenn man selbst diese Person ist. Ich musste mich also mit mir selbst auseinandersetzen.
Gut, normalerweise hat das Schimpfen mit mir immer dazu geführt, dass ich zum Essen gegriffen habe. Das durfte diesmal nicht so sein.
Ich muss es doch schaffen können, auf meine Mahlzeiten zu achten, nicht zu übertreiben und mich selbst unter Kontrolle zu bringen. Andere können das doch auch. Die Chance, die ich durch diese Operation erhalten habe, muss ich doch nutzen und nicht alles wieder kaputt machen.
Das wäre doch so schade.
Das wäre so enttäuschend.

Nachdem ich mich also vor dem Spiegel ausgeschimpft habe, habe ich angefangen, mir Mut zuzusprechen und mich zu motivieren. Ich habe mich mit mir selbst verschworen. Es muss doch wieder in den Griff zu bekommen sein.

Also habe ich mich jeden Tag auf die Waage gestellt, morgens und abends. Ich habe strengstens darauf geachtet, nur drei Mahlzeiten am Tag zu essen. Ich habe komplett auf Süßigkeiten, Snacks etc. verzichtet.
Hart aber was sollte ich machen. Auf mein Gefühl kann ich mich nicht verlassen. Das täuscht mich sehr und so waren böse Überraschungen plötzlich da. Für mich funktioniert nur Kontrolle und Überwachung. Anders geht es nicht. Ich würde es mir anders wünschen, aber dafür bin ich zu schwach und nicht gemacht. Jahrelange Gewohnheiten lassen sich nicht so einfach ändern und wegoperieren.
Sicher ist es hilfreich, sich zu notieren, was man am Tag gegessen und getrunken hat.
Kurz nach der Operation war ich auch diszipliniert dabei, aber das ist leider nicht mein Ding. Ich vergesse das Notieren, verschiebe es auf später und Tage später weiß ich nicht mehr, was ich gegessen und getrunken habe.
Dies ist leider nicht zur Routine für mich geworden.

Im Grunde sind meine Mahlzeiten ja auch gleich. Morgens esse ich immer ein Overnight-Oat mit Haferflocken, Chia-Samen, Banane, Himbeeren, Milch und Joghurt. Mittags gibt es oft Reste vom Abendessen und abends dann etwas Selbstgekochtes. Wenn ich mich nur an diese drei Mahlzeiten halten würde, wäre alles nicht so schlimm und ich bräuchte mir keine Gedanken über irgendetwas machen. Leider bleibt es nicht dabei. Mein Mann sagt mir immer, dass ich Snacks planen soll. Ja und nein. Er hat schon recht damit, dass wenn es denn sein muss, es wenigstens richtig und vernünftig geplant sein sollte. Aber eigentlich will ich das ja gar nicht. Allerdings ist es auch so, dass ich manchmal etwas essen möchte, es aber zu den geplanten Mahlzeiten gar nicht schaffe. So bleibt mir eigentlich nichts anderes übrig, als es später zwischendurch zu essen, wenn es denn unbedingt sein muss.
Muss es das? 
Nein! Muss es sicherlich nicht. Nur manchmal freue ich mich so sehr darauf – gerade am Wochenende.
Es gibt Momente, in denen schaffe ich es, ganz genau darüber nachzudenken, was jetzt zu tun ist. Ich wäge dann ab, was ich tun kann und was jetzt clever wäre. 
Es gelingt mir recht häufig, mir entweder einen Tee oder einen Latte Macchiato zu machen.
Oft hilft mir das über die schlimmsten Gefühle hinweg und lässt mich noch warten, bis ich die nächste Mahlzeit zu mir nehmen kann. 

Es ist mir leider noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen, bzw. habe ich es noch nicht im Gefühl. Mein Mann ist einmal nach sehr langer Zeit selbst auf die Waage gegangen und sagte vorher noch, was diese anzeigen wird. Es war so erstaunlich, dass es gestimmt hat. Das könnte mir nicht passieren. Selbst mit einer Woche voller Disziplin und selbst wenn ich mich jeden Tag wiege, könnte ich keine Zahl nennen, die in der Anzeige erscheint. Keine Ahnung, ob es mir jemals gelingen wird, da ein richtiges Gefühl zu entwickeln. 

Bis sich das eventuell einmal entwickelt und einstellt, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zu kontrollieren und mir eben Gedanken dazu zu machen.

Vitamine & Mineralien

Seit der zweiten Woche nach der Operation nehme ich Nahrungsergänzungsmittel. Von den Ärzten ist ein Multivitamin- und ein Kalziumpräparat angeordnet worden.
Jeden Tag nehme ich also seither eine Multivitamin- und zwei Kalziumtabletten.
Das reicht aber noch nicht. Nach der ersten Blutuntersuchung wurde festgestellt, dass ein Vitamin K Mangel besteht und Vitamin B12 sollte ich auch nehmen. Das sind also zwei weitere Tabletten, sind wir schon bei fünf. Da ich leider die Eiweiß Shakes nicht vertragen habe, decke ich meinen Bedarf mit täglich zwei Aminosäurekapseln. Das macht dann sieben Tabletten. Als es mit dem Haarausfall los ging, riet mir die Ärztin zu Kollagen, Biotin und Zink. Zehn! Zehn Tabletten, Kapseln und Pillen schlucke ich nun seither jeden Tag. Dazu habe ich mir einen Zeitplan ausgearbeitet und diesen in meinem Handy verewigt. Zehnmal am Tag bekomme ich eine Erinnerung, welches Mittel nun zu schlucken ist, denn alle gleichzeitig geht nicht. Manche sollen vor, mit oder nach dem Essen eingenommen werden. Die Präparate, die ich zweimal am Tag nehme, sollten auch eine Lücke haben, damit sie kontinuierlich wirken können.
Mein Pillendöschen habe ich immer griffbereit bei mir.
Alle drei Wochen fülle ich meine Dispenser auf und verursache damit eine Menge Müll. Leider bleibt mir nichts anderes übrig. Bei Amazon habe ich für meine Mittel auch jeweils ein Abo abgeschlossen, damit ich nicht immer an die Besorgung denken muss. Teuer ist der Spaß alle Mal. Aber was soll´s. Ich schaffe es nicht, alle notwendigen und erforderlichen Vitamine mit der Nahrung zu mir zu nehmen.

Nun ist es ja so, dass mir zu einigen Mitteln geraten wurde, weil mir die Haare ausfielen. Diese sind also nicht zwingend notwendig, damit mein Vitamin- und Mineralienhaushalt ausgeglichen sind.
Vielleicht ist es möglich, etwas wegzulassen oder zu reduzieren.
Bei der Biotinkapsel bin ich mir absolut sicher. Die ist wirklich nicht weiter wichtig, da sich Biotin auch in der Kollagentablette befindet. So werde ich meine Biotinvorräte noch aufbrauchen und dann ist das erledigt.

Meine Überlegungen treffen eher Zink, Vitamin K und Vitamin B12. Wobei ich mir beim B12 wirklich unsicher bin, denn hier sprach man schon vor Operationen davon, dass man sich das auch spritzen lassen kann. Es scheint also so, dass Mängel öfter auftreten.

Bei meinen ganzen Überlegungen kam mir dann auch noch in den Sinn, dass es ja kontrolliert werden muss, bzw. wie stelle ich denn einen Mangel fest und wie schlimm kann sich dieser dann auswirken?

Im ersten Jahr nach der Operation finden drei Blutuntersuchungen statt, die alle Werte sehr genau dokumentieren. Danach wird solch eine genaue Blutuntersuchung nur noch einmal im Jahr durchgeführt. Muss ich dann ein Jahr darauf warten, bis ich weiß, ob sich ein Mangel bei mir eingestellt hat? Und was ist, wenn ich einen Mangel habe? Kann man ein Jahr lang damit leben, ohne sich damit nachhaltig Schaden zuzufügen?

Nachdem ich mit meinem Mann darüber gesprochen habe, ist folgende Schlachtplan entstanden. Im März steht die nächste Blutuntersuchung an. Ich werde also im Dezember dieses Jahres zu meinem Hausarzt gehen und in mein Vorhaben schildern. Der kann mir auch sagen, welches Präparat ich weglassen kann, ohne dass ich allzu großen Schaden davontragen werde. Drei Monate sollten doch reichen, um herauszufinden, ob gewisse Mittel sein müssen oder weggelassen werden können.

Allein würde ich mich das nicht trauen. Ich werde mir ärztliche Unterstützung und Begleitung holen.

Es ist ein Versuch. Wenn er mir zeigt, dass es nicht so geht, wie ich es mir vorstelle und meine Werte in den Keller geben, bzw. sich verschlechtern, dann ist dieses Experiment gescheitert und dann wird alles wieder rückgängig gemacht.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, welche Erkenntnisse sich daraus ergeben werden.