Ich kam an einem Mittwochabend wieder nach Hause. Die Freude bei den Kindern und beim Hund war groß. Wir haben einen recht großen und jungen Hund, der sich immer sehr freut, wenn jemand nach Hause kommt. Aus Angst davor, dass er an den frisch operierten Bauch springt, musste er erst einmal in seine Ecke gehen, um sich wieder zu beruhigen. Als ich so weit war, konnten wir uns ganz in Ruhe auf der Couch begrüßen.
Mein Mann und die Kinder haben aus Rücksicht auf mich außerhalb gegessen. Das war so weit okay, wollte ich dann aber für die Zukunft nicht mehr so handhaben. Ich mag es, mit der Familie an einem Tisch zu sitzen. Ich kann die Argumentation verstehen, dass mir keiner etwas vor essen möchte, wenn ich verzichten muss – gerade, wenn bei mir mal wieder die Gelüste nach „normalem“ Essen aufsteigen – aber letztlich haben wir uns darauf geeinigt, dass ich den Tisch verlassen werde, wenn ich nicht damit umgehen kann. Der Gedanke getrennt zu essen, gefiel mir einfach nicht. Egal, in welcher Konstellation. Wie doof wäre es gewesen, wenn ich im Wohnzimmer auf der Couch oder im Schlafzimmer im Bett gelegen hätte, mit dem Wissen, dass alle anderen gemeinsam am Tisch sitzen und essen. Ich hätte mich sehr ausgeschlossen gefühlt. Deswegen haben wir diese Vereinbarung getroffen.
Grundsätzlich bin ich ein sehr aktiver Mensch. Gerade wenn ich zu Hause bin, kann ich mich nicht die ganze Zeit nur an einem Ort befinden und die Beine hochlegen. Zu Hause gibt es immer etwas zu tun. Immer! Und nun musste ich damit zurechtkommen, dass ich nichts machen soll. Nichts! Sehr schwer für mich. Einfach nur liegen und wieder gesund werden. Wenn mein Mann gesagt hat, dass er einkaufen gehen würde, bin ich mitgegangen, denn moderate Bewegung brauchte ich ja.
Am ersten Tag zu Hause sind wir auch zum Arzt gefahren, da ich eine Krankschreibung brauchte. Der Klinikleiter der MIC hat in seinen Vorträgen immer wieder gesagt, dass man sich – je nach Möglichkeit – drei bis vier Wochen krankschreiben lassen sollte. In Internetforen und in der Selbsthilfegruppe haben viele geschrieben, dass sie bis zu sechs Wochen zu Hause geblieben sind. Das wollte ich auch. Vor allem, da mein Arbeitgeber überhaupt nichts dagegen hat.
Nun weiß ich auch, dass Ärzte nicht von Anfang an sechs Wochen krankschreiben. Ich bin aber zum MVZ Windscheidstr., dem Kooperationspartner der MIC-Klinik, in dieser Sache gefahren, weil die dort viele Adipositaspatienten haben, die sich alle operieren lassen. Der Professor hat eine Krankschreibung für 14 Tage ausgestellt. Auf Nachfrage, ob es nicht länger sein könnte, bekam ich die Antwort: „Erst einmal 14 Tage. Eventuell können wir noch eine Woche verlängern. Aber der Professor schreibt Patienten der MIC-Klinik generell nur maximal drei Wochen krank!“ Ich war über diese Aussage doch sehr erstaunt. „Generell!“ Also sind alle Patienten gleich?! Sehr interessant. Aber was will man machen? Man ist ja irgendwie ausgeliefert. Jedenfalls fiel mir keine bessere Lösung ein. Ich hatte dann noch bei meiner Hausärztin nachgefragt. Da wurde mir gesagt, dass ich eine Woche krankgeschrieben werden würde, mit der Begründung, dass ich nicht die erste Patientin mit einer bariatrischen Operation bei Ihnen sei und man darüber verwundert sei, dass es mir so schlecht gehen würde. Dass es mir schlecht gehen würde, habe ich nie gesagt. Ich wollte einfach nur ausreichend Zeit haben, mich an mein neues Leben und die Umstellungen zu gewöhnen. Ich habe an dieser Stelle auf mehr Unterstützung gehofft.
Nach diesen herben Enttäuschungen habe ich mich dann zu Hause an den Herd gestellt und eine Zucchinisuppe gekocht. Gleich in größerer Menge für die nächsten Tage. Für die Abwechslung habe ich mir dann auch noch eine Möhrensuppe gekocht. Beides esse ich nun immer im Wechsel. Zum Frühstück gibt es entweder einen Eiweißshake oder Joghurt mit etwas Fruchtmus. Um die 150 ml zu essen, benötige ich circa eine halbe Stunde. Einmal habe ich recht schnell gegessen. Das funktioniert auch problemlos mit dem Schlucken. Allerdings merkte ich dann plötzlich, wie mir der Bauch weh tat. Ich bin dann eine ganze Weile herumgelaufen, denn sitzen und liegen waren noch unangenehmer. Seither benutze ich eine kleine Schale und einen kleinen Löffel, um besser portionieren zu können.
Zweimal am Tag gehe ich auch mit dem Hund raus. Sicherlich nicht so lange, wie vor der Operation, denn da muss man vorsichtig sein. Wie schon erwähnt, ist mein Exemplar noch recht wild und ich in der Bewegung ziemlich eingeschränkt. Man merkt halt doch immer erst, wenn man eine Einschränkung hat, wie gut es einem sonst geht.
Beim ersten Spaziergang blieb ich auch nur in unserer Wohnanlage. Der Hund war ganz irritiert. Er lief so brav und artig neben mir, wie nur sehr selten. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht so recht wusste, was los ist. Das haben wir insgesamt also sehr gut gemeistert. Die Erholung auf der Couch danach war dann aber durchaus notwendig. So steigere ich meine Aktivitäten langsam immer weiter. Hausarbeiten erledige ich noch keine weiter, aber auch das wird wieder kommen. Mein Bauch signalisiert mir tatsächlich was geht und was nicht. Auch wenn es zu viel wird. Wenn ich mich bücke, dann zieht der Bauch runter und das kann durchaus unangenehm sein. Das Aufstehen war an den ersten Tagen auch nicht so einfach. Die Bauchmuskulatur wollte da nicht so richtig mitmachen.
Worauf wirklich geachtet werden muss und damit hat man auch richtig zu tun, ist das Trinken. Mein Mann hat sich im Vorfeld auch sehr viele Gedanken gemacht und mir ein super Hilfsmittel besorgt. Eine Zwei-Liter-Trinkflasche. Dazu dann noch alle Sorten von Meßmer Cold Tea, für den Geschmack. Jeden Morgen bereite ich mir eine Trinkflasche mit zwei Liter Wasser und einem Teebeutel zu. Normalerweise soll man pro 500 ml einen Teebeutel benutzen, aber der Geschmack ist mir dann zu intensiv. Mit dieser Trinkflasche behält man seinen Verbrauch sehr gut im Blick. Ich präsentiere abends immer ganz stolz die leere Flasche, wenn ich es geschafft habe. Als Flüssigkeit kannst Du auch die Suppen und alle anderen Getränke, wie zum Beispiel Tee, zählen. Machen sie im Krankenhaus auch. Ja, es sind viele Toilettengänge, aber die halten Dich in Bewegung und Du weißt, dass Du Dir und Deinem Körper etwas Gutes tust. Es braucht am Anfang etwas Übung, die Gewöhnung geht aber ganz schnell.
