Adipositas als Krankheit erkennen

Nachdem ich nun also erkannt habe, dass ich es mit einer „normalen“ Diät nicht schaffen werde, so viel Gewicht abzunehmen, wie es nötig ist – mittlerweile habe ich ein Übergewicht von mehr als 50 Kilo – und dieses auch zu halten, muss man erst einmal schauen, was man hat. Ich brauchte nicht lange nach einer Krankheit suchen, denn die Diagnose Adipositas stand ja wie ein rosafarbener Elefant im Raum. Mich hat das so auch nicht weiter erschreckt. Ich musste dieses Krankheitsbild nur erste einmal für wirklich wahrnehmen und mich damit beschäftigen.

Ein bisschen ist das so, als wenn man Post bekommt und weiß, dass darin etwas Unangenehmes steht und sie deswegen nicht öffnen will; es aber muss, weil die Rechnung bezahlt oder Dinge erledigt werden müssen.

Was aber ist Adipositas eigentlich?

Definition: Wenn das Körpergewicht bei einer gegebenen Körpergröße über das Normalmaß hinausgeht, spricht man von Übergewicht. Starkes Übergewicht wird auch als Adipositas bezeichnet und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eigenständige Krankheit eingestuft.

Rund 25 Prozent der Deutschen sind davon betroffen, d. h. ein Viertel. Ich finde, das ist eine hohe Zahl und hätte ich selbst nicht gedacht.

Was heißt es aber, adipös zu sein?

Klar, das erste Anzeichen ist die Anzeige auf der Waage. Da steht eine viel zu hohe Zahl. Das kann man eventuell noch verkraften und macht sich nicht so viele Gedanken dazu. Manche Menschen haben halt einfach mehr auf den Rippen, aber das ist nicht immer gleich Adipositas. Gut, der BMI ist durchaus ein Anzeichen dafür. In mehreren Stufen zeigt er einem, ob man normalgewichtig ist oder leichtes bis starkes Übergewicht hat. Ein wenig spielt aber meiner Meinung nach auch das Wohlbefinden eine Rolle. Ich bewundere z. B. Menschen, die durchaus kräftiger gebaut sind, damit aber kein Problem haben oder sogar Profit draus schlagen. Zugegeben, ein wenig Neid war auch immer mit dabei. Diese Akzeptanz gelang mir leider nie.

Nun gut, es gibt also klare Zahlen (BMI und Taille-Hüft-Verhältnis), die eine Aussage treffen. Es gibt aber auch noch viele andere Anzeichen, die man entweder selbst oder eben nur durch ärztliche Untersuchungen zu Tage gefördert werden können. Du selbst kannst Anzeichen für eine Adipositas darin erkennen, wenn Du unter Kurzatmigkeit, schneller Erschöpfung, Gelenkschmerzen oder anderen körperlichen Einschränkungen leidest. Wenn Dir dann Dein Arzt auch noch sagst, dass Du Diabetes, Bluthochdruck und eine Fettleber hast, dann kann man sich mit der Thematik Adipositas schon einmal auseinandersetzen.

Die WHO stuft Adipositas als eigenständige Krankheit ein. Viele Ärzte kennen diese Krankheit auch. Aber viele Menschen können damit nichts anfangen. Wenn man sagt, dass man unter dieser Krankheit leidet, dann wird man oft belächelt. Fällt denjenigen ja auch leicht, wenn sie nicht davon betroffen sind. Wer aber sagt, dass er an Depressionen oder Burnout leidet, wird sofort ernst genommen und bemitleidet. Diese Krankheiten werden gesellschaftlich akzeptiert.

Adipöse Menschen werden gern belächelt und skeptisch angeschaut. Ihnen wird durchaus vorgeworfen, dass sie selbst daran schuld sind, dass es so weit gekommen ist, denn sie hätten ja nicht so viel essen brauchen. Aber auch Essen kann eine Sucht sein wie Rauchen, Drogen oder Alkohol. Es gibt auch Menschen, die süchtig sind nach Arbeit, Glücksspiel oder Adrenalin und stürzen sich deshalb die Klippen hinunter, um eine Befriedigung einer Mangelerscheinung zu erfahren. Adipöse Menschen essen, um ihrer Gefühle Herr zu werden. Das betrifft alle Gefühle – Wut, Trauer, Glück, Zufriedenheit. Da gibt es keine Unterschiede.

Sich diese Krankheit einzugestehen, ist ein Schritt, um die nächsten Schritte zu planen, wie man dagegen etwas tun kann.

Denn adipöse Menschen haben definitiv eine kürzere Lebenserwartung als nicht adipöse Menschen.

Ich habe für mich diese Krankheit erkannt und akzeptiert. So kann ich dagegen etwas tun. Denn Depressionen sind leider eine Begleiterkrankung dazu. Ich habe so viele Dinge in meinem Leben verpasst, über die ich mich ärgere. Sicher, man soll nicht in der Vergangenheit leben und das will ich auch nicht. Aber ich hätte dennoch gern einige Dinge anders gehabt. Ich konnte z. B. mit meiner Tochter nicht so toben und spielen, wie sie es verdient hätte. Ich wurde von Fahrgeschäften auf dem Rummel ausgeschlossen, weil ich da nicht hineingepasst hätte. Ich habe mich nicht getraut, in ein Ruderboot zu steigen. Ich schäme mich, schwimmen zu gehen und mich in einem Badeanzug zu zeigen. So viele Einschränkungen und Enttäuschungen, die ich für mich wahrgenommen habe, aber auch aussprechen musste. Auch heute noch tut mir das im Herzen weh und leid, denn viele Chancen und schöne Momente habe ich verpasst.

Aber ich habe noch eine Zukunft und möchte diese gern positiver gestalten. Ich möchte viel aktiver werden. Ich möchte spontan in Geschäfte gehen können, um mir einfach so etwas zu kaufen, nur weil es mir gefällt. Ich möchte ja zu Aktivitäten sagen und mich darauf freuen. Also sage ich dieser Krankheit den Kampf an, wohlwissend, dass sie mich ein Leben lang begleiten wird. Ich weiß wohl, dass sich durch die Operation nicht alle Probleme und Sorgen auflösen werden. Auch hier muss ich viel Arbeit investieren, aber ich habe endlich den Mut und den Willen wieder dazu gefunden.

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